Das Gebet des Glaubens

Es ist nutzlos, irgend ein anderes Gebet als das des Glaubens darzubringen. Es muß eben ein solches sein, um eine Antwort von Gott zu erhalten. Oft scheint es zwar, daß man hofft, wo nichts zu hoffen ist - so wie es bei Abraham war. Manchmal scheint es auch, als ob Gott gerade gegen das sei, was Er verheißen hatte. Jedoch auf eine jede Verheißung im Worte Gottes können wir uns getrost verlassen: Er wird sie erfüllen, wenn wir Ihn mit dem Gebet des Glaubens beim Wort nehmen. Er ist ein Gott, den unsere Schwächen und ernsten Hilferufe nicht gleichgültig lassen. Ein schönes Beispiel, wie man sich an Seine Verheißungen hält, haben wir im 4. Mose 14,11-21. Gott hatte verheißen, mit Mose zu sein und die Kinder Israel in das Land Kanaan zu bringen. Einst taten sie Unrecht vor Gott; da gedachte Gott, das Erbe von ihnen zu nehmen und ein anderes Volk an ihrer Stelle zu erwecken, das mächtiger sei; denn sie waren ungehorsam. Aber Mose fürchtete sich, daß die Ägypter davon hören und einen Grund finden würden zu glauben, daß Gott sie nicht erlösen konnte; und so betete er: "So laß nun die Kraft des Herrn groß werden, wie Du gesagt hast und gesprochen: Der Herr ist geduldig und von großer Barmherzigkeit und vergibt Missetat und Übertretung und läßt niemand ungestraft, sondern sucht heim die Missetat der Väter über die Kinder ins dritte und vierte Glied. So sei nun gnädig der Missetat dieses Volks nach Deiner großen Barmherzigkeit, wie Du auch vergeben hast diesem Volk aus Ägypten bis hierher."

Hier brachte Mose das Gebet des Glaubens dar, denn er hatte die Verheißungen von Gott, und glaubte, daß Gott Seine Verheißungen erfüllen würde, deshalb bat er auch ernstlich. Und was tat der Herr? Als Mose um Vergebung für das Volk bat, sprach Gott: "Ich habe es vergeben, wie du gesagt hast. Aber so war Ich lebe, so soll alle Welt der Herrlichkeit des Herrn voll werden."

In Jak. 5,15 lesen wir, daß "das Gebet des Glaubens wird dem Kranken helfen, und der Herr wird ihn aufrichten"; jedoch unter der Bedingung, daß der Betreffende dem Wort Gottes, nach dem, wie es in diesem Kapitel niedergeschrieben ist, gehorcht. Wenn aber die Bedingungen des Wortes Gottes nicht erfüllt werden, dann nützt es dem Menschen nichts, obgleich er großen Glauben hat. "Und wenn ich ... hätte allen Glauben, also daß ich Berge versetzte, und hätte der Liebe nicht, so wäre ich nichts" (1. Kor. 13,2). Liebe bedeutet hier die wahrhaftige Liebe Gottes oder die Gnade Gottes im Herzen; und wenn derjenige, der Glauben anwendet, sie nicht hat, wird sein Glaube, obgleich er jemand anders erbauen mag, ihm selber doch nichts nützen.

Wenn wir Gott um irgend etwas bitten, das mit Seinem Wort übereinstimmt, sollten wir glauben, daß Er nicht nur erhört, sondern auch wirklich gewährt das, was wir erbitten. "Darum sage Ich euch: Alles, was ihr bittet in eurem Gebet, glaubet nur, daß ihr’s empfangen werdet, so wird’s euch werden" (Mark. 11,24). Nach einer andern Übersetzung (Menge) heißt es: " ... glaubt nur, daß ihr es (tatsächlich) empfangen habt". Dieses ist ein sehr bestimmter und starker Ausdruck. Doch erinnere dich: Als Jesus für die Auferstehung des Lazarus’ betete, dankte Er dem Vater, daß Er Sein Gebet beantwortet hatte, noch ehe das Werk geschehen war. Seine Augen aufhebend, sprach Er: "Vater, ich danke Dir, daß Du mich erhört hast" (Joh. 11,41). Doch war Lazarus noch nicht auferweckt. Aber Jesus wußte, daß das Gebet des Glaubens dargebracht war, und daß Sein Vater im Himmel Ihn erhörte. So ist es nun auch bei uns. Wir können solch bedingungsloses Vertrauen zu Gott haben - wenn wir uns bewußt sind, daß wir allen Bedingungen nachgekommen sind - daß wir wissen: Er erhört uns.

Es ist oft der Fall, daß man eine verkehrte Ansicht über den Glauben hat: Man stellt sich ihn als etwas riesiges vor, welches fast zu groß ist, als daß man etwas damit zu schaffen haben könnte, oder daß es außer dem eigenen Bereich wäre, und kommt so zum Beschluß, daß ein Mensch wunderbar von Gott bevorzugt sein müsse, um das Gebet des Glaubens darbringen zu können. Man vergißt, daß es einfach ein Annehmen des Wortes Gottes und ein Glauben demselben ist. Wir sollten zum Herrn kommen, wie ein Kind zur Mutter, und in der Erwartung bitten, daß wir das Verlangte erhalten. Das ist nicht etwas unerreichbares sondern das einfachste, was man sich vorstellen kann.

Um die kindliche Einfachheit des Gebets des Glaubens zu zeigen, führen wir ein Ereignis an:

Zwei kleine Mädchen, das eine dreieinhalb Jahre, das andere achtzehn Monate alt, waren eines Sonntagmorgens zu Hause. Es war Winter. In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag kam ein Schneesturm, und von da an bis zum Sonntag stürmte und schneite es fürchterlich. Das Fundament des Hauses war eine Mauer aus Backsteinen. In der Nacht, da der Schneesturm anfing, war eine Katze unter das Haus gekrochen, und das Loch, wodurch sie gekrochen war, war wahrscheinlich vom Schnee zugeweht; obwohl, wir wußten gar nicht, wie sie darunter gekommen war: ob durch ein Loch in der Erde oder vom Boden zwischen dem Holzwerk hindurch. Jedoch war sie nun dort und schrie die halbe Woche hindurch vor Kälte und Hunger. Am Sonntagmorgen, als die übrige Familie zur Versammlung gegangen war, kamen diese kleinen Mädchen sehr bekümmert zur Mutter und erzählten ihr, wie das arme Kätzchen hungere, wie es ihm kalt sei und wie es um Hilfe schrie. Endlich sagte das Ältere: "Kann Gott das Kätzchen nicht herausholen?" "Ja", war die Antwort "wenn du zu Ihm beten wirst und Ihn bitten, es zu tun". Sie rief ihre kleine Schwester, beide liefen in eine andere Stube, knieten nieder auf den Boden, das Gesicht mit den Händchen bedeckend und sagten: "0h lieber Vater im Himmel, hilf dem Kätzchen; lieber himmlischer Vater, mache ein Loch, grabe den Schnee hinweg und hilf dem Kätzchen heraus. Amen." So endete ihr Gebet. Sie standen schnell auf, warteten einen Augenblick lang, als ob sie nachdachten, was sie jetzt tun sollten; dann liefen sie schnell ans Fenster und drückten ihre kleinen Gesichter fest gegen die Scheibe an und paßten gespannt auf, um die Katze herauskommend zu sehen. Sie wurden nicht enttäuscht. Nach kaum einer Minute fingen sie an zu hüpfen, zu jauchzen und auszurufen: "Sie kommt! Sie kommt!" Richtig! dort kam die Katze, durch den Schnee springend, ihnen entgegen; und die kleinen Mädchen waren dem Herrn sehr dankbar, daß Er einen Weg gemacht hat, damit die Katze herauskommen konnte. Als die Familie nach Hause kam liefen die kleinen Mädchen ihnen entgegen und riefen: ,,0h Papa, wir beteten die Katze heraus, wir beteten die Katze heraus!" Niemand konnte sie zweifelnd machen, daß der Herr ihr Gebet beantwortet hatte; und wir bezweifeln es auch nicht.

Dieses ist eine sehr schöne Darstellung vom Gebet des Glaubens; denn nach dem sie dem Herrn das Gebet darbrachten, handelten sie auch danach. Als sie gebetet hatten, erwarteten sie auch nichts anderes, als die Katze herauskommend zu sehen - also drückten sie ihre Gesichter gegen die Fensterscheibe, bis daß sie die Katze kommen sahen. Als ich einer Lagerversammlung beiwohnte, wurden diejenigen eingeladen, nach vorne zu kommen, die wünschten, daß man für sie bete, oder die etwas vom Herrn empfangen mochten.

Ein kleines, vier Jahre altes Mädchen kam nach vorne, kniete am Platz des Gebets nieder und fing mit diesen Worten an: "0h Herr, ich wünsche einen Apfel! Oh lieber Herr, ich wünsche einen Apfel!" Sie wiederholte dieses so lange, bis ihre Mutter sie fortnahm. Kurz nach dem Gottesdienste rief sie jemand, der nichts von ihrem Gebet wußte, und warf ihr einen Apfel in die Hände. Sie hielt dieses für die Antwort auf ihr Gebet. Es würde wirklich segensreich sein, wenn Erwachsene lernen würden, zum Herrn mit solchem kindlichen Glauben zu kommen: wenn sie beten, glauben, daß der Herr antworten wird.

Jesus sprach: "Wahrlich ich sage euch: Wer zu diesem Berge spräche: Hebe dich und wirf dich ins Meer! und zweifelt nicht in seinem Herzen, sondern glaubte, daß es geschehen würde, was er sagt, so wird’s ihm geschehen, was er sagt" (Mark. 11,23). Hier sehen wir, daß die Antwort denen zuteil wird, die bitten und nicht zweifeln vorbringen.

Als Petrus im Gefängnis war, wurde das Gebet des Glaubens seinetwegen emporgesandt; und es bewirkte, daß die Türen des Gefängnisses aufgetan wurden, und Petrus befreit wurde, während die Kinder Gottes noch beteten. Als Elia um den Regen bat, betete er nicht ohne Erfolg; doch fuhr er so lange fort zu beten, bis er die Antwort erhielt, nämlich, daß eine Wolke aufstieg, die andeutete, daß es Regen geben würde; und der Regen kam auch reichlich, obgleich es drei einhalb Jahre nicht geregnet hatte. Wo das Gebet des Glaubens emporgesandt worden ist, wird sich das Wort Gottes erfüllen.

Wenn du also wünschest zu wissen, was die Wirkung deines Gebetes sein wird, dann lies das Wort Gottes und suche, was dort verheißen ist: So kannst du leicht herausfinden, was die Wirkung deines Gebetes sein wird. "Des Gerechten Gebet vermag viel, wenn es ernstlich ist" (Jak. 5,16).



E. E. Byrum
(Auszug aus dem Buch "Das Gebet des Glaubens")